Kupfer ist einer der umstrittensten Stoffe im Ökolandbau. Als Mikronährstoff und vor allem als Pflanzenschutzmittel ist es für viele Betriebe unverzichtbar. Doch kritische Stimmen weisen darauf hin, dass sich das Schwermetall bei regelmäßiger Anwendung im Boden anreichert und toxisch auf viele Organismen wirkt. Ist der Einsatz im Ökolandbau legitim oder ist die Kritik berechtigt?

Es gibt wahrscheinlich kaum einen anderen Stoff, der für den Ökolandbau so elementar ist und dessen Einsatz gleichzeitig so unterschiedlich bewertet werden kann wie Kupfer. Als natürliches Spurenelement ist Kupfer für die meisten Lebewesen, einschließlich dem Menschen, unerlässlich. Doch in höheren Konzentrationen kann das Schwermetall toxisch auf verschiedene Organismen wirken, da es die Zellmembranen und die DNA schädigt.

Diese Wirkung entfaltet Kupfer auch bei vielen Schadpilzen verschiedenster Kulturpflanzen. Wegen dieser Eigenschaft wird der Stoff seit über 130 Jahren als Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft eingesetzt, vor allem im Wein- und Obstbau, aber auch in Kartoffeln, Hopfen und einigen Gemüsearten. Auch im Ökologischen Landbau sind Kupferanwendungen seit langem üblich und zugleich unverzichtbar. Denn insbesondere Bio-Wein- und -Obstbaubetriebe könnten sonst nicht wirtschaftlich arbeiten.

Ökolandbau bringt ein Drittel der Kupfermengen aus

In Deutschland werden pro Jahr etwa 100 Tonnen Kupfer ausgebracht. Circa zwei Drittel dieser Menge stammen aus dem Einsatz konventioneller, kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel und der Gülleausbringung, da Futtermittel in der konventionellen Tierhaltung zum Teil mit Kupfer angereichert sind. Ein Drittel dieser Menge, etwa 34 Tonnen, bringen ökologische Betriebe bundesweit als Pflanzenschutzmittel aus. Im Ökolandbau beschränkt sich der Einsatz auf Sonder- und Dauerkulturen, die etwa fünf Prozent der gesamten ökologischen Anbaufläche ausmachen.

Bis in die 1960er Jahre hinein waren im konventionellen Wein- und Hopfenanbau Ausbringungsmengen von über 60 Kilogramm pro Hektar und Jahr (kg/ha/a) üblich. Heute dürfen ökologische Wein- und Obstbaubetriebe maximal drei kg/ha/a ausbringen, im Bio-Hopfenanbau sind bis zu vier kg/ha/a zulässig. Die zum Teil sehr hohen Kupferbelastungen einzelner Flächen sind überwiegend ein Erbe aus früheren Zeiten.

Keine Gefahr für die menschliche Gesundheit

Für die menschliche Gesundheit birgt der Einsatz von Kupfer im Pflanzenbau keine Gefahr. Denn das Metall reichert sich weder in behandelten Pflanzen beziehungsweise Früchten an, noch in natürlichen Nahrungsketten. Da Kupfer im Boden relativ schnell gebunden wird, findet so gut wie kein Austrag ins Grundwasser statt. Als problematisch wird jedoch der Austrag von Kupfer in Oberflächengewässer angesehen, da vor allem Fische sehr empfindlich auf das Metall reagieren.

Der Einsatz von Kupfer gilt als offene Flanke des Ökolandbaus. Der Vorwurf lautet: Bio-Betriebe arbeiten genauso mit umweltbelastenden Pflanzenschutzmitteln wie die konventionelle Landwirtschaft. „Das ist eine vereinfachte Darstellung“, sagt Prof. Stefan Kühne, der am Julius-Kühn-Institut (JKI) in Kleinmachnow im Bereich Strategien und Folgenabschätzung arbeitet und sich seit 1998 mit der Wirkung von Kupfer auf die Umwelt beschäftigt.

Kupfer ist in Naturkreislauf eingebunden

„Als Naturstoff kann man Kupfer nicht gleichsetzen mit synthetischen Wirkstoffen, die nicht frei in der Natur vorkommen. Aber vor allem ist Kupfer ein Mikronährstoff – für uns und für Pflanzen – und damit elementar für das Pflanzenwachstum. Das zeigt, dass der Stoff in den Naturkreislauf ganz anders eingebunden ist als synthetische Stoffe“, sagt Kühne. Hinzu kommt aus seiner Sicht, dass Kupfer eines der ältesten Pflanzenschutzmittel ist und damit auch einer der am besten untersuchten Stoffe überhaupt.

Dabei verweist er zum Beispiel auf die Regenwurmstudie der sogenannten europäischen Kupfer-Task-Force, die sich seit vielen Jahren für die Fortsetzung der Zulassung von Kupfer als Pflanzenschutzmittel einsetzt. In einer Langzeit-Studie der Task Force wird seit 14 Jahren der Einfluss von Kupfer auf Regenwürmer untersucht, die besonders sensibel auf den Stoff reagieren.

Hohe Kupfermengen verändern Artenzusammensetzung

In der Studie wurde der Einfluss erst bei sehr hohen Kupfermengen von 40 Kilogramm pro Hektar und Jahr (kg/ha/a) sichtbar. Doch selbst diese hohen Aufwandmengen ging nicht die Zahl der Individuen zurück, sondern es veränderte sich die Zusammensetzung der Regenwurmarten. Das ist laut Kühne natürlich auch problematisch. Doch er verweist darauf, dass die eingesetzten Mengen weit über der heute zulässigen Dosierung liegen.

Auch die zum Teil hohen Kupfergehalte einiger Flächen lassen seiner Einschätzung nach keine Aussage über die Wirkung auf Bodenorganismen zu. Denn wirklich toxisch für die Organismen sind nur freie Ionen von frisch ausgebrachtem Kupfer. Der allergrößte Teil dieser Ionen wird aber je nach Bodenzusammensetzung und Witterung in der Regel schnell an den Ton-Humus-Komplex des Bodens gebunden.

Kupfer verliert im Boden die biologische Wirksamkeit

Das Kupfer altert also im Boden und verliert einen großen Teil seiner biologischen Wirksamkeit. Die bisherigen Studien zeigen, dass die heute zulässigen Mengen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu einer Anreicherung von bioverfügbarem Kupfer im Boden führen. „Auch in Oberflächengewässern ist die biologische Wirkdauer von Kupfer wegen der schnellen Ionenbindung an das Wasserplankton ebenfalls meist nur sehr kurz“, ergänzt Kühne.

Doch auch wenn es biologisch nicht aktiv ist, reichert sich Kupfer in Böden an. Aber genau diese Anreicherung ist laut Prof. Kühne ein großes Problem bei der Bewertung des Metalls als Pflanzenschutzmittel: „Bei allen Wirkstoffen im Pflanzenschutz ist von Seiten der Zulassungsbehörden ein Abbau erwünscht. Den gibt es aber bei Kupfer nicht.“ Trotzdem wird im Zulassungsverfahren der Gesamtkupfergehalt im Boden als Maßstab für die Toxizität genommen. „Das ist nach allem, was wir heute wissen, nicht korrekt“, sagt Kühne.

Neues Bewertungsverfahren geplant

Wegen der Persistenz und seiner Toxizität stuft die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Kupfer nach wie vor als sogenannten Substitutionskandidaten ein. Das heißt, es soll ersetzt werden, sobald es Wirkstoffe mit vergleichbarer Wirkung gibt. Statt einer Zulassung für 15 Jahre, wie bei anderen Wirkstoffen üblich, ist die Zulassungsdauer für Kupfer deshalb auf sieben Jahre begrenzt. Aktuell gilt die Zulassung bis zum 31.12.2025. Die EFSA hat jedoch signalisiert, dass man das Bewertungsverfahren prüfen und gegebenenfalls anpassen wird.

Nach Meinung von Kühne muss im Ökolandbau trotzdem weiter daran gearbeitet werden, die Kupfermengen zu reduzieren. Dabei seien im Rahmen der vor zehn Jahren gestarteten Kupferminimierungsstrategie von Forschung und Verbänden durchaus Erfolge erzielt worden. Die Erhebungen zum Kupfereinsatz in der Praxis zeigen, dass ein gewisser Anteil der Verbandsbetriebe auch ohne Kupfer auskommt. „Dabei helfen natürlich auch die zunehmend trockenen Sommer der letzten Jahre. Allerdings müssen die meisten Betriebe in feuchten Jahren nach wie vor auf die zulässige Höchstmenge zurückgreifen, um ihre Ernte zu retten“, sagt Kühne.

Kupfer bleibt elementar für den Ökolandbau

Deshalb ist laut Kühne auch klar, dass sich Kupfer vorerst nicht ersetzen lässt und ohne den Wirkstoff ein wirtschaftlicher ökologischer Obst- und Weinbau nicht in der Breite funktionieren wird. Zwar gebe es mit Netzschwefel und verschiedenen Pflanzenextrakten weitere Wirkstoffe, die auch eine gewisse Wirksamkeit gegen Schadpilze entfalten. Aber diese können nur unterstützend eingesetzt werden und dabei helfen, die Kupfermengen zu reduzieren.

Kühnes Ideal sind Ausbringungsmengen, die dem Nährstoffbedarf der Kultur entsprechen. Das wären bei Kartoffeln etwa 100 Gramm pro Hektar und Jahr. Zusätzlich könnte vor allem die Resistenzzüchtung einen wichtigen Beitrag leisten, die auch im Rahmen der Minimierungsstrategie mit deutlich höheren Forschungsmitteln intensiviert werden soll.

„Letztlich kommt es aber gerade im Ökologischen Landbau grundsätzlich darauf an, dass alle Bausteine optimal ineinandergreifen, von der Sortenwahl über die Düngung bis zu einer optimalen Applikationstechnik. Denn es gibt ja auch noch viele andere Schaderreger, die sich mit Kupfer nicht behandeln lassen“, sagt Kühne.

Quelle: https://www.oekolandbau.de / Copyright Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung Bonn

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