„Die Lage für die Ferkel- und Schweinhalter im Land ist ernst. Jetzt kommt es darauf an, die regionale Wertschöpfungskette ,Schweinefleisch‘ nachhaltig und transparent zu gestalten“

Landwirtschaftsminister Peter Hauk MdL

„Die Ursachen der aktuell sehr düsteren Marktlage sind sehr vielseitig, oftmals nicht genau prognostizierbar und wirken gleichzeitig auf den Ferkel- und Schweinesektor ein. Ein Umstand, der es so schwierig macht, kurzfristig greifende Lösungsansätze zu finden: Klar ist aber, unsere Schweinbäuerinnen und Schweinbauern brauchen Unterstützung und vor allem Planungssicherheit. Wer Ja zur Regionalität sagt, muss auch ja zu unseren tierhaltenden Betrieben sagen“, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Peter Hauk MdL am Dienstag (21. September) in Stuttgart.

Im Alltag zeige sich, dass Verbraucherinnen und Verbraucher nicht bereit sind, an der Ladentheke mehr für Tierwohl und Regionalität zu bezahlen. „Aus diesem Grund ist die Forderung der Borchert-Kommission, eine Tierwohlabgabe einzuführen, richtig. Diesen Weg unterstützte ich ausdrücklich. Die Einnahmen müssen den Landwirten für den Bau tierwohlgerechter Ställe zu Gute kommen“, betonte der Minister. Hauk kann sich hierfür eine Förderung von bis zu 80 Prozent durch Bund vorstellen.

Der Einbruch von Exportmärkten, insbesondere bedingt durch die stark rückläufige Nachfrage aus China, sorgt auf dem gesamten europäischen Binnenmarkt für ein Überangebot an Schweinefleisch. Das Überangebot erschwert den innereuropäischen Fleischhandel und setzt die Schlachtschweine- und Ferkelpreise europaweit unter Druck. Dies, gepaart mit den negativen Folgen der Pandemie – wie Absatzeinbußen in der Gastronomie, im Außer-Haus-Verzehr sowie durch fehlende Großveranstaltungen – führt in Deutschland zu enormen Absatzproblemen bei allen Marktteilnehmern der Wertschöpfungskette ‚Schweinefleisch‘.

„Gerade in Zeiten mit schlechter Erlössituation und stark gestiegenen Kosten für Futtermittel, Energie und Personal, muss man sich vor Augen führen, dass wir in Süddeutschland keine Überversorgung mit regionalen Schlachtschweinen haben. Der Selbstversorgungsgrad für Schweinefleisch lag 2020 in Baden-Württemberg nur bei 49,6 Prozent. Regionale Lebensmittel haben bei den baden-württembergischen Verbraucherinnen und Verbrauchern einen vergleichsweise hohen Stellenwert.

Mit der Fokussierung auf eine nachhaltige und transparente regionale Wertschöpfungskette ‚Schweinefleisch‘ sehe ich mittel- und langfristig Perspektiven, die Wertschöpfung und Wertschätzung für heimisches Qualitätsfleisch in Baden-Württemberg zu halten und auszubauen“, sagte Minister Hauk.

Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz steht im engen Kontakt mit allen Ebenen der gesamten Wertschöpfungskette. Ziel ist es, das System der Schweinefleischerzeugung und -vermarktung in Süddeutschland krisenfester und somit zukunftsfähig aufzustellen. „Das bedeutet auch, dass alle in der Wertschöpfungskette auf der Basis einer gemeinsamen Zielsetzung zur Versorgung des süddeutschen Marktes mit regionalen, nachhaltigen qualitativen Schweinfleischerzeugnissen an einem Strang ziehen müssen. Die Mäster müssen jetzt in schwierigen Zeiten motiviert werden einzustallen, damit es auch in Zukunft noch regionale Ferkelerzeuger gibt. Die Fleischwirtschaft und der Lebensmitteleinzelhandel müssen neue Preis- und Absatzmodelle entwickeln, die den Schweinehaltern mehr Planungssicherheit geben. Gemeinsam mit meinen Kollegen bin ich bereit, diesen Wandel hin zu einer von der Gesellschaft akzeptierten Nutztierhaltung und Fleischproduktion zu begleiten und zu moderieren“, betonte der Minister.

Die Landesregierung habe bereits seit Jahren eine ganze Reihe von Fördermöglichkeiten in verschiedenen Bereichen ins Leben gerufen, wie zum Beispiel die Agrarinvestitionsförderung, das Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT), die Qualitätsprogramme des Landes oder auch Initiativen wie ‚von Daheim‘, um die familiengeführten Erzeugerbetriebe zu unterstützen. Zudem werden neue Strategien erarbeitet, um eine nachhaltige Ferkel- und Schweineproduktion auch in Zukunft in Baden-Württemberg zu haben.

Hintergrundinformationen:

Worin liegen die Ursachen für die aktuell schwierige Lage auf dem Schweinemarkt?

Die Absatzprobleme bei allen Marktteilnehmern der Wertschöpfungskette „Schweinefleisch“ in Deutschland (und der EU) führen seit Wochen zu sinkenden Schlachtschweine- und Ferkelpreisen.

Durch die nasse und kühle Witterung im Sommer 2021 kam die Grillsaison nicht in Schwung und somit konnten die dafür eingelagerte Tiefkühl-Fleischbestände für Grillartikel nicht entsprechend abgebaut werden. Auch die negativen Folgen der Pandemie machen sich noch immer durch Absatzeinbußen in der Gastronomie, im Außer-Haus-Verzehr sowie durch fehlende Großveranstaltungen bemerkbar. Hinzu kommt, dass auch der Pro-Kopf-Verbrauch von Schweinefleisch (aktuell ca. 32 Kilogramm pro Kopf) seit Jahren rückläufig ist.

Aber auch Auswirkungen der im vergangenen Jahr im Osten Deutschlands ausgebrochenen Afrikanischen Schweinepest (ASP) sind noch immer zu spüren. Zunächst konnten in der ersten Jahreshälfte 2021 wieder einige Exportbeschränkungen für deutsches Schweinefleisch abgebaut werden und die deutschen Exportdefizite über einen verstärkten Absatz auf dem Binnenmarkt kompensiert werden. Dies war möglich, weil andere exportorientierte Länder wie Spanien, Dänemark und die Niederlande nun die Importnachfrage der asiatischen Länder, insbesondere von China, bedienen konnten.

Aufgrund der aktuell stark rückläufigen Nachfrage aus China sind die Drittlandexporte der anderen EU-Mitgliedsländer nun deutlich eingebrochen. In China hatte die ASP die Bestände stark dezimiert, die aber zwischenzeitlich wieder auf das Niveau vor dem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest angestiegen sind. In Folge müssen diese EU-Länder nun ihr Schweinefleisch wieder verstärkt am Binnenmarkt absetzen. Das Überangebot erschwert den innereuropäischen Fleischhandel und setzt die Preise europaweit unter Druck.

Verschlimmert wird die schlechte Erlössituation durch die stark gestiegenen Kosten für Futtermittel, die sich mit der schlechten Ernte nicht entspannt haben. Denn seit letztem Herbst sind die Futterkosten durchschnittlich um knapp ein Viertel gestiegen, auch die Kosten für Energie und Personal steigen stetig.

Quelle: Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg

Bildquelle: ML-Archiv